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Der Zeitpunkt hat für manche Überraschung gesorgt. Nicht wenige Beobachter fragten sich, warum Papst Franziskus ausgerechnet in der letzten Woche der finalen Phase der Weltsynode eine neue Enzyklika veröffentlicht – noch dazu eine, die sich mit der "menschlichen und göttlichen Liebe des Herzens Jesu Christi in der Kirche", also mit der Herz-Jesu-Verehrung, beschäftigt. Schließlich fehlt vielen Gläubigen heutzutage der Zugang zu dieser Frömmigkeitsform. Will der Papst mit dem Schreiben vielleicht nochmal deutlich machen, was aus seiner Sicht der wahre Kern einer Reform der Kirche ist?
Um es kurz zu machen: Ganz so lässt sich der Text nicht lesen. Und auch der Veröffentlichungstermin war wohl Zufall. Dennoch wird Franziskus grundsätzlich und spannt einen großen Bogen. Einerseits ist es ein sehr persönlicher Text, in dem er davon erzählt, woraus er für seinen Glauben und seinen Traum von einer besseren Welt schöpft. Andererseits macht der Papst darin deutlich, was die Grundlage allen (kirchlichen) Handelns sein sollte. In Zeiten großer globaler Bedrohungen und Ungerechtigkeiten, aber auch eines zunehmeden Konsumismus, Materialismus und Funktionalismus will das Schreiben, das den Titel "Dilexit nos" ("Er hat uns geliebt") trägt, dazu auffordern, das Wichtigste wiederzufinden: das Herz. Oder anders ausgedrückt: die Liebe.
Quelle des Glaubens und der Nächstenliebe
Franziskus will aus diesem Grund die Kirche zu einer Neubetrachtung der Herz-Jesu-Verehrung einladen. Sie betont die Liebe Jesu als Quelle des Glaubens und der Nächstenliebe – und führt damit zur Mitte dessen, was das Christentum ausmacht. Im Herzen Jesu "können wir das ganze Evangelium finden, dort ist die Wahrheit, an die wir glauben, zusammengefasst, dort ist das, was wir im Glauben verehren und suchen, das, was wir am meisten brauchen (89)", schreibt das Kirchenoberhapt. Dabei wird der Papst nicht müde zu betonen, dass die "echte" Verehrung des Herzens Jesu notwendigerweise nicht nur eine mystische, sondern auch eine missionarische und soziale Dimension hat.
Es ist die vierte Enzylika in Franziskus' Amtszeit. Wer sich gefragt
hat, welche Stellung sie – gerade mit einem von manchen auf den ersten
Blick eher als abseitig wahrgenommenen Thema – unter den bisherigen
einnimmt, für den liefert der Pontifex in den Schlussfolgerungen selbst
die Antwort: "Was dieses Dokument zum Ausdruck bringt, lässt uns
entdecken, dass das, was in den Sozialenzykliken Laudato si' und
Fratelli tutti geschrieben steht, nicht außerhalb unserer Begegnung mit
der Liebe Jesu Christi liegt, so dass wir, indem wir von dieser Liebe
trinken, fähig werden, brüderliche Bande zu knüpfen, die Würde jedes
Menschen anzuerkennen und gemeinsam für unser gemeinsames Haus zu sorgen
(217)." Er will den Text als eine Art Klammer um seine bisherigen
Rundschreiben verstanden wissen. Beobachter sprechen sogar davon, er
habe in "Dilexit nos" sein geistliches Testament hinterlegt.
Enzyklika "Dilexit nos"
Den deutschen Volltext der Enzyklika "Dilexit nos" von Papst Franziskus gibt es auf der Website des vatikanischen Pressesaals.